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MUTATIONEN

Mutationen -
was passiert dabei und wie gefährlich sind sie?

Seitdem im Dezember 2020 erstmals über die in Großbritannien aufgetretene Mutation B1.1.7. berichtet wurde, sind Mutationen Teil von vielen Diskussionen. Machen sie das Virus gefährlicher oder ansteckender? Werden sie von Tests erkannt? Wirkt die Impfung auch gegen Mutationen?

Was sind Mutationen?

Schauen wir uns zunächst an, was „Mutation“ bedeutet: Eine Mutation ist eine Veränderung des Erbgutes. Neben Spontanmutationen, die ohne besonderen Grund entstehen, gibt es auch Mutationen aufgrund von chemischen Substanzen oder Strahlung (wie z.B. UV-Strahlung oder radioaktiver Strahlung).

Mutationen finden in der Natur ständig statt. Wenn sie zu einem Vorteil beim Überleben führen, verbreiten sie sich häufig. Wir erinnern uns an die durch Darwin beschriebenen Grundlagen der Evolutionstheorie. Er analysierte Vögel von den Galapagosinseln. Dort herrscht eine Knappheit an Nahrung. Irgendwann wurde durch eine zufällige Mutation auf einer Insel ein Fink mit einem breiteren, kräftigeren Schnabel geboren, der so nicht nur Samen fressen konnte, sondern auch Nüsse knacken konnte. So hatte er ein größeres Nahrungsangebot und einen Überlebensvorteil. Seine Nachfahren, die ebenfalls einen breiten Schnabel hatten, hatten auch in den Nachfolgegenerationen diesen Vorteil und breiteten sich aus. Die Nachkommen der Vögel, denen dieser Vorteil fehlte, wurden nach und nach verdrängt. Auf einer anderen Insel fand sich vielleicht mehr Nahrung in Spalten von Bäumen oder Felsen. Dort war ein länglicher Schnabel von Vorteil, der durch eine zufällige Mutation entstand, weshalb sich auf dieser Insel eben ein länglicher Schnabel durchsetzte.

Ähnlich muss man sich die Mutationen bei Viren vorstellen. Viren, die aufgrund von Mutationen schlechter durch das Immunsystem beseitigt werden können, oder sich schneller von Mensch zu Mensch ausbreiten, haben einen Selektionsvorteil. Im Laufe der Zeit nimmt der Anteil der so mutierten Viren zu. Dann muss sich auch das Immunsystem anpassen und beispielsweise neue, passendere Antikörper bilden.

Auf molekularer Ebene werden bei einer Mutation Bausteine der DNA (bzw. bei Viren RNA), sogenannte Basen oder Nukleotide, ausgetauscht. Dies kann auf beliebiger Länge der DNA passieren, angefangen bei einzelnen Basen bis hin zu ganzen Genabschnitten oder Chromosomen.

Nicht immer haben diese Mutationen Folgen. Es gibt sogenannte stumme Mutationen, bei denen trotz Mutation die codierte Erbinformation nicht verändert wird. Ein bisschen so, als würde man statt Lücke „Luecke“ schreiben. Der Wortsinn verändert sich nicht. Was genau ist nun bei den Mutationen von SARS-Cov-2 in Großbritannien, Südafrika und Brasilien passiert, und was bedeutet das für uns?

Mutationen Bild 01

Auf molekularer Ebene werden bei einer Mutation Bausteine der DNA (bzw. bei Viren RNA), sogenannte Basen oder Nukleotide, ausgetauscht. Dies kann auf beliebiger Länge der DNA passieren, angefangen bei einzelnen Basen bis hin zu ganzen Genabschnitten oder Chromosomen.

Nicht immer haben diese Mutationen Folgen. Es gibt sogenannte stumme Mutationen, bei denen trotz Mutation die codierte Erbinformation nicht verändert wird. Ein bisschen so, als würde man statt Lücke „Luecke“ schreiben. Der Wortsinn verändert sich nicht. Was genau ist nun bei den Mutationen von SARS-Cov-2 in Großbritannien, Südafrika und Brasilien passiert, und was bedeutet das für uns?

Mutationen Bild 01

Was für Mutationen sind bei SARS-Cov-2 wichtig?

Die wichtigsten Mutationen sind aktuell die, die das S-Gen, das Spike-Protein betreffen. Zur Erinnerung: Das Spike-Protein ist der Teil, der aussieht wie Stacheln auf der Außenseite des Virus. Dieser Teil bindet an Rezeptoren an unseren Zellen, und ist notwendig, damit das Virus in unsere Zellen gelangt, wo es vermehrt wird. Wird dieses Protein verändert, kann das die Bindungsfähigkeit beeinflussen, d.h. es kann stärker oder schwächer binden. Probleme machen uns die Mutationen, die dafür sorgen, dass es stärker bindet. Das erhöht dann nämlich die Infektiosität, also die Fähigkeit zur Ansteckung. In Ländern, in denen viel sequenziert wird, d.h. in denen sich genau angeschaut wird, um welche Varianten von SARS-Cov-2 es sich handelt, verdrängt die B.1.1.7. Mutation, bei der das der Fall ist, die bisherige Variante.

Dadurch steigt auch der R-Wert, d.h. eine infizierte Person steckt wieder mehr Menschen an. Und wenn der R-Wert größer als 1 ist, steigt die Zahl der Infizierten von Tag zu Tag, statt zu sinken. Und das macht Lockerungen der Kontaktbeschränkungen unwahrscheinlicher.

Werden die Impfungen durch die aktuellen Mutationen unwirksam?

Eine Veränderung des Spike-Proteins kann die Wirksamkeit von Antikörpern verändern. Auch die binden nämlich dort. Wenn die Struktur des Proteins so weit verändert wird, dass der Antikörper nicht mehr passt, wird er wirkungslos. Das könnte dazu führen, dass beispielsweise ein Impfstoff weniger wirksam oder sogar nutzlos wird. Erleichternd ist: Um wieder einen wirksamen Impfstoff zu haben, muss dann „nur“ die Impfstoff-mRNA an den mutierten Stellen verändert werden bzw. die neue Information in den Vektor eingebaut werden, das ist technisch kein allzu großes Problem. Inklusive Studien und Zulassungsverfahren würde das aber wieder mindestens 5 Monate dauern. Das würde bedeuten, dass ähnlich wie beim Grippeimpfstoff jedes Jahr ein „neuer“ etwas veränderter Impfstoff auf den Markt kommen müsste, um gegen die aktuell vorherrschende Variante wirksam zu sein.

Aktuell sind drei Mutationen interessant, weil sie sich relativ schnell verbreiten: Die Großbritannien-Variante, die Südafrika-Variante und die Brasilien-Variante. Da die Impfstoffe weltweit eingesetzt werden, konnten auch schon Studien zu diesen Mutationen gemacht werden. Die ersten Ergebnisse der Studien zeigen, dass sowohl die AstraZeneca-Impfung mit einem Vektor-Impfstoff als auch die mRNA-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna bei der Großbritannien-Variante immer noch eine gute Wirksamkeit zeigen. Das heißt, die Stelle, an die die durch die Impfung gebildeten Antikörper binden, nicht so verändert ist, als dass die Antikörper nach der Impfung nicht mehr binden können.

Bei der Südafrika-Variante ist es etwas anders. Die Studien zeigen, dass es bei der Impfung (die in Südafrika vor allem mit AstraZeneca durchgeführt wird) zwar keine schweren Verläufe oder Todesfälle gab, aber es nur wenig vor leichten bis mittelschweren Verläufen schützt. Um das zu verdeutlichen: Trotz Impfung hatten viele Menschen, die sich mit SARS-Cov-2 infiziert haben beispielsweise Halsschmerzen oder Kopfschmerzen, vielleicht sogar Gliederschmerzen oder ein „Grippe-Gefühl“ mit Fieber, so dass sie einen Tag oder zwei zu Hause bleiben mussten. Der wichtige Punkt ist aber: Es musste niemand ins Krankenhaus, und es ist niemand verstorben. Das Hauptziel der Impfung, nämlich das Verhindern von schweren Verläufen und Todesfällen wurde also trotzdem erreicht.

Werden die Mutationen von den Tests erkannt?

So gut wie alle Antigentests testen auf einen Abschnitt auf dem N-Gen, also im Inneren der Zelle. Die meisten Mutationen betreffen aber, wie wir gesehen haben, das S-Gen, das Spikeprotein. Deshalb erkennen die Tests auch die bisherigen Mutationen gut. Man muss also keine Sorge haben, die Zuverlässigkeit der Tests sei geringer als bisher.

Die Großbritannien-Variante B.1.1.7. im Überblick

Bei der Variante liegen über 20 Mutationen im Vergleich zum bislang dominierenden Wildtyp vor.

Alleine 8 Mutationen betreffen das S-Gen (Spike-Protein). Eine der Mutationen, die N501Y, sorgt nun für eine verbesserte Bindung des Virus, an den Rezeptor. Sechs der Mutationen gehören zu den oben erläuterten stummen Mutationen, das heißt, sie verursachen keine Strukturveränderung des Virus. Eine der Mutationen, die E484K-Mutation, sorgt für eine sogenannte Immunevasion, d.h. durch sie „entkommt“ das Virus der Immunabwehr, weil die Antikörper schwächer oder gar nicht mehr binden können. Diese Mutation liegt auch bei der südafrikanischen und der brasilianischen Variante vor.

Britische Variante der Mutationen
Britische Variante der Mutationen

So gut wie alle Antigentests testen auf einen Abschnitt auf dem N-Gen, also im Inneren der Zelle. Die meisten Mutationen betreffen aber, wie wir gesehen haben, das S-Gen, das Spikeprotein. Deshalb erkennen die Tests auch die bisherigen Mutationen gut. Man muss also keine Sorge haben, die Zuverlässigkeit der Tests sei geringer als bisher.

Die Großbritannien-Variante B.1.1.7. im Überblick

Bei der Variante liegen über 20 Mutationen im Vergleich zum bislang dominierenden Wildtyp vor.

Alleine 8 Mutationen betreffen das S-Gen (Spike-Protein). Eine der Mutationen, die N501Y, sorgt nun für eine verbesserte Bindung des Virus, an den Rezeptor. Sechs der Mutationen gehören zu den oben erläuterten stummen Mutationen, das heißt, sie verursachen keine Strukturveränderung des Virus. Eine der Mutationen, die E484K-Mutation, sorgt für eine sogenannte Immunevasion, d.h. durch sie „entkommt“ das Virus der Immunabwehr, weil die Antikörper schwächer oder gar nicht mehr binden können. Diese Mutation liegt auch bei der südafrikanischen und der brasilianischen Variante vor.

Der mRNA-Impfstoff von BioNTech und der von Moderna wirkt nach bisherigen Untersuchungen aber auch gegen diese Variante.

Es scheint bisher so, als ob auch das Sterberisiko höher sei. Der Anteil an Verstorbenen unter den mit B.1.1.7. Infizierten ist höher, als bei den mit dem bisherigen Typ Infizierten.

Aktuell bekannte Folgen:

  • Die Ansteckungsfähigkeit ist höher.
  • Sowohl die mRNA-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna als auch der Vektorimpfstoff von AstraZeneca sind wirksam.
  • Es kann zu Zweitinfektionen nach einer bereits durchgemachten Infektion kommen.
  • Möglicherweise ist die Sterberate höher.
  • Der Anteil von B.1.1.7. an der Gesamtzahl der Infizierten steigt an.

Die Südafrika-Variante B.1.351 im Überblick

Hier liegen 8 Veränderungen am S-Gen vor. Auch hier liegt die E484K-Mutation am Spike-Protein vor, die die Bindung an Antikörper verschlechtert und die N501Y, die die Bindung an den Rezeptor zum Eintritt in die Zelle verbessert.

Der Vektorimpfstoff von AstraZeneca scheint in einer in Südafrika durchgeführten Studie nur eine geringe Wirksamkeit zu haben, schwere Verläufe werden aber nach wie vor verhindert. Leichte und mittelschwere Erkrankungen scheint er jedoch nicht zu verhindern. Ähnliches gilt für die mRNA-Impfstoffe von BioNTech und Moderna, hier stehen weitere Studien noch aus.

Moderna entwickelt bereits einen Impfstoff spezifisch gegen B.1.351., der als Booster gegeben werden kann, d.h. nach einer bereits erfolgten Impfung.

Aktuell bekannte Folgen:

  • Die Ansteckungsfähigkeit ist höher.
  • Der Impfstoff von BioNTech/Pfizer wirkt fast so gut wie bei bisherigen Varianten, der Impfstoff von Moderna wirkt schlechter, bietet aber immer noch einen Schutz, der Impfstoff von AstraZeneca bietet kaum Schutz vor leichten Erkrankungen, voraussichtlich aber Schutz vor schweren Erkrankungen und Todesfällen.
  • Es kann zu Zweitinfektionen nach einer bereits durchgemachten Infektion kommen.
  • Ein wirksamer Impfstoff ist bereits in der Entwicklung und könnte als Ergänzung zur bisherigen Impfung fungieren.
  • Noch macht diese Variante einen kleineren Teil aus als die Großbritannien-Variante, aber auch hier wächst der Anteil.

Die Brasilien-Variante B.1.1.28. und der Abkömmling P1 im Überblick

Es liegen 10 Veränderungen am S-Gen vor. Eine der Mutationen am Spike-Protein ist ebenfalls die E484K-Mutation, die die Bindung an Antikörper verschlechtert. Noch ist diese Variante in Deutschland nur selten nachgewiesen.

Aktuell bekannte Folgen:

  • Die Ansteckungsfähigkeit ist höher.
  • Die bisherigen Impfstoffe wirken wie bei der Südafrika-Variante.
  • Es kann zu Zweitinfektionen nach einer bereits durchgemachten Infektion kommen.